Schwechat 1918 - 2018

Die Schwechater Pfarrkirche im Jahr 1945 - ein Bild der Zerstörung, we sie der 2. Weltkrieg mit sich brachte.

©Stadtgemeinde Schwechat

Der Katastrophe folgten Stabilität und Frieden

Am 12. November jährte sich die Gründung der Republik Deutsch-Österreich zum 100. Mal. Die junge Republik, die einer brüchig gewordenen Idee einer Habsburgermonarchie folgte, hatte mit den schwierigen Herausforderungen jeder Nachkriegszeit zu kämpfen.

Armut auch in Schwechat
Auch in Schwechat prägten Armut und Hunger das Alltagsleben. Um die Sicherheit der Bevölkerung zu erhöhen, ließ Bürgermeister Johann Ableidinger eine Bürgerwehr gründen, die Bahnhöfe, Mühlen und andere Infrastruktureinrichtungen bewachte. Um Heizmaterial sicherzustellen, wurde unter anderem der Straßenbahnverkehr der Linie 72 eingestellt, um Kohle zu sparen. Im Keller des Popperbrauhauses wurde eine Fürsorgestelle für Lungenkranke eingerichtet, die vom Bierunternehmer Anton Dreher und den Hammerbrotwerken unterstützt wurde. Die obsolet gewordene Kaiserbüste vor dem heutigen Amtshaus wurde verkauft und der Reinerlös ebenso für die Kranken gestiftet. 

Am Tag der Eröffnung der Fürsorgestelle für Lungenkranke (im Bild u. a. sitzend v. l. n. r. Vizebürgermeister Vinzenz Meschik, Bürgermeister Johann Ableidinger und Altbürgermeister Johann Wismayr)Am Tag der Eröffnung der Fürsorgestelle für Lungenkranke (im Bild u. a. sitzend v. l. n. r. Vizebürgermeister Vinzenz Menschik, Bürgermeister Johann Ableidinger und Altbürgermeister Johann Wismayr) 

Die erste Gemeinderatswahl 
Im 22. Juni 1919 fanden die ersten Gemeinderatswahlen seit Republikgründung in Schwechat statt. Damals wurden 3.912 Stimmen abgegeben, von denen 3.164 auf die Sozialdemokratische und 748 auf die Christlich-Soziale Partei entfielen. Übrigens war am 12. November 1918 auch das allgemeine, gleiche, direkte und geheime Stimmrecht ohne Unterschied des Geschlechts beschlossen worden. Das bedeutete, dass Frauen in Österreich am 16. Februar 1919 erstmals ihre Stimme abgeben durften. Die erste Frau, die in Schwechat auch ein politisches Amt bekleidete, war jedoch erst Gemeinderätin Antonia Pigler in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg.

Die Radikalisierung endet im „Anschluss“ 
Die Jahre nach 1918 brachten für Schwechat die Erhebung zur Stadt (1922), den Ausbau der städtischen Infrastruktur, wie dies beispielsweise der Wasserleitungsbau 1927/28 darstellte, aber leider auch eine zunehmende politische Polarisierung. Diese gipfelte in Österreich in der Gründung des autoritären „Ständestaates“ durch Engelbert Dollfuß und im verzweifelten Schutzbundaufstand vom Februar 1934. Die Radikalisierung innerhalb der jungen Republik und die schwierige wirtschaftliche Lage boten einen perfekten Nährboden für jene, die noch mehr polarisierten und die die Menschen gegeneinander auszuspielen verstanden. Der sogenannte „Anschluss“ Österreichs an NS-Deutschland hatte natürlich auch unmittelbare Auswirkungen auf Schwechat. Am 20. März prangte das Hitlerporträt bereits vom Titelblatt des „Bezirksboten“. Am 14. März 1938 war Hermann Göring zum Spatenstich des Fliegerhorstes nach Schwechat gereist. Auf diesem Areal sollten dann in der zweiten Kriegshälfte die Heinkel-Werke ihren Standort finden und ein Außenlager des KZ Mauthausen errichtet werden, ein Aspekt der Geschichte, der in den letzten Jahren ebenso wie die Geschichte der Lager Santa I und II aufgearbeitet wurde.

Katastrophe und Neubeginn 
Schwechat verlor seine Unabhängigkeit und wurde in den 23. Bezirk des sogenannten Gaus „Groß-Wien“ eingegliedert. Menschen, die nicht der Ideologie entsprachen oder sich dem Regime entgegensetzten, wurden verfolgt und ermordet, und zahlreiche Schwechater Familien verloren Angehörige als Soldaten im Krieg oder durch die massiven Bombardements zu Kriegsende. Aufgrund der hier kriegsansässigen Industrie war Schwechat ein Hauptziel der alliierten Luftangriffe. Heute erinnern Gedenkzeichen wie das Mahnmal, das den Opfern der Kriege und des Faschismus gewidmet ist, und vom Schwechater Künstler Karl Martin Sukopp, der vor kurzem seinen 90. Geburtstag feierte, in den 1960er Jahren für den Schwechater Waldfriedhof geschaffen wurde, oder jenes für Zwangsarbeiter vor der Brauerei-Einfahrt an die Jahre des Krieges und der Verfolgung. Zeitzeugen, die über jene Jahre zwischen 1918 und 1945 berichten können, gibt es kaum mehr. Und dennoch ist das Thema Krieg, Verfolgung und das Miteinander der Menschen ein sehr aktuelles und eines, das diskutiert werden muss.
Mahnmal zum Gedenken an die ZwangsarbeiterInnen in Schwechat während er Nazi-Diktatur; es wurde von SchülerInnen des Gymnasiums von Schwechat entworfen.Mahnmal zum Gedenken an die Zwangsarbeiter:innen in Schwechat während der Nazi-Diktatur; es wurde von Schüler:innen des Gymnasiums Schwechat entworfen.

Dr. Christina Pal