Der Felmayergarten

Scheune Felmayergarten

Die Geschichte des Felmayergartens ist unmittelbar mit jener der Schwechater Textilindustrie verbunden. 1766 wurde die „k.k. privilegierte Kettenhofer Zitz- und Kattunfabrik“ von Graf Heinrich Kajetan von Blümegen auf den zu seinem Schloss Altkettenhof gehörenden Gründen errichtet. Diese wurde zu einem Anziehungspunkt für Weber aus dem Waldviertel. Der Zuzug von Menschen, die als Hausweber ihren Unterhalt verdienten, nahm ein derart starkes Ausmaß an, dass auf den Herrschaftsgründen, in der Nähe eines ehemaligen Ziegelofens, 1775 die Ortschaft Neukettenhof gegründet wurde. Die Schwechater Fabrik erzeugte auch eigens Farben für die von ihr produzierten Textilien. So wurden die Farben Lapis rouge orientale, Merinos und das, nach dem Standort benannte, Neukettenhofergrün hergestellt.Eine Aufzeichnung aus dem Jahr 1811 besagt, dass die Fabrik in diesem Jahr in Österreich über 10.000 Arbeiter und in den Fabrikgebäuden 2.055 Arbeiter beschäftigte. Pro Jahr wurden 60.000 bis 80.000 Stück Stoff zu 16 Ellen erzeugt.  
Franz FelmayerFranz Felmayer - er kaufte die Fabrik und später die gegenüberliegenden Äcker
Übernahme durch die Firma Felmayer & Co
Nach wechselnden Besitzern wurde das Unternehmen am 8. November 1866 von der Firma Felmayer & Co. erworben. Franz Felmayer gelang es, den unbedeutend gewordenen Betrieb wieder zu einem florierenden Unternehmen hoch zu wirtschaften. Er war auch 1870 der erste österreichische Textilunternehmer, der den Rouleauxdruck einführte. Für seine Leistungen erhielt die Firma Felmayer 1873 bei der Wiener Weltausstellung die goldene Verdienstmedaille. Das Unternehmen bestand bis ins Jahr 1967.

Die Gründung des Felmayergartens
Im Jahr 1886 dürfte der Gründer Franz Felmayer auf den Äckern gegenüber seiner Fabrik einen kleinen Gutshof mit drei Gebäuden, ein Wohnhaus für die Landarbeiter, ein Haus für Kuh-, Schweine- und Hühnerställe und einen Stadel errichtet haben. Rundum wurden Obst- und Gemüsegärten angelegt und ein Glashaus für Gemüse und Blumen gebaut. Ein Großteil des Gartens wurde von einem Kunstgärtner gestaltet. In die rückseitige Parkanlage ließ Felmayer ein aus Holz erbautes Sommerhäuschen („Salettl“) aufstellen. Der neu errichtete kleine Gutshof belieferte in den nächsten Jahrzehnten die Fabrikantenfamilie mit Fleisch, Milch, Eiern, Obst, Gemüse und Kräutern. Die gepflegte Gartenanlage diente der Erholung.

Ankauf durch die Gemeinde
Nach der Schließung der Fabrik in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde das Grundstück zwanzig Jahre hindurch an verschiedene Interessenten verpachtet. Der letzte Pächter betrieb auf dem Anwesen einen Reitstall. Im Februar des Jahres 1987 beschloss der Schwechater Gemeinderat den Ankauf des Felmayergartens zur Errichtung eines Naherholungs- und Kulturzentrums für die Schwechater Bevölkerung. Für die Grünraumgestaltung des rund sechs Hektar großen Areals wurde ein eigener Wettbewerb ausgeschrieben, im Oktober 1989 wurden die Arbeiten aufgenommen und im Dezember 1990 abgeschlossen. Im Herbst 1991 wurde nach den Plänen einer Architektengruppe mit der Restaurierung der bestehenden Gebäude des ehemaligen Gutshofes begonnen. In der großen, gartenarchitektonisch gestalteten Grünfläche im vorderen Teil, gegen die Himberger Straße, wurde ein künstlich geschaffenes, kleines Gerinne mit einem Teich angelegt. Der rückwärtige Teil des Gartens wurde gartenkünstlerisch, aber dennoch naturnah, gestaltet, wobei die große Wiesenfläche als Spielwiese mit eingeplant wurde.

Zentrum für Kultur, Sport und Freizeit
Der Felmayergarten erfreut nun seit vielen Jahren Schwechater und Besucher der Stadt. Die gemütliche Scheune wird gerne für Geburtstags- und Hochzeitsfeiern gebucht, ebenso finden Konzert- und Kabarettveranstaltungen der Stadtgemeinde dort statt, in der Gastwirtschaft und im Schanigarten lässt es sich angenehm verweilen, der FelmayerHimmel ist zum Zentrum der Schwechater Jazz-Szene geworden und im Gebäude parallel zum Restaurant kann man sich beim Club A. sportlich betätigen. Die weitläufigen Parkflächen sind zu jeder Jahreszeit ein idyllischer Rückzugsort. 

Dr. Christina Pal

TuchfabrikDie Tuchfabrik der Himberger Straße 1873